Eigenleuchten
Oliver Tepel über Mevlana Lipp „Basic Instinct“ im ak RAUM, Köln, bis 20.7.19
Wir treiben in die Weiten des Nichts.
– das ist aufregend und auch beängstigend. So beängstigend, dass einiges dazu gehört, dieses Befinden als alltäglichen Zustand zu ertragen. Verschwinden doch fortwährend Begriffe, Wertungen und Zuordnungen. Sie werden in hektischer Umtriebigkeit durch Neue ersetzt, dass diese neuen Ordnungshilfen existieren, ist wichtiger als das, was sie besagen. Seit 20 Jahren verfolgt die weiterlesen
Kartierung der Geheimnisse
Oliver Tepel über Tjibbe Hooghiemstra „Wâldman“, Galerie Der Spiegel, Köln, verlängert bis 31.7.19, Künstlerbuch „Wâldman“, 15 Euro.
Auf einsamen Wanderungen zieht der Waldmensch durch die ausgedehnten Wälder der Holländischen Nordseeküste. – Nein, das macht er nicht.
„Jemand sagte mir einmal, es gäbe gar keine Wälder in den Friese Wouden Dennoch gibt’s genügend Bäume, sich dahinter zu verstecken.“
Diese Worte, mit denen Nyk de Vries sein Gedicht in Tjibbe Hooghiemstras Künstlerbuch „Wâldman“ beginnt, entsprechen weiterlesen
Haints and saints don’t bother me – I’m not alone you see
Oliver Tepel über „Es war einmal in Amerika“ im Wallraf-Richartz-Museum, Köln, bis 24.3.
Ein umzäuntes, weisses Holzhaus im Stil des mittleren 19. Jahrhunderts, etwas einsam auf dem kleinen Grashügel im kühlen Licht des Nachmittags. Edward Hoppers „Hodgkin’s House“, umrahmt vor einem sich sanft entsagenden, melancholischen Altrosa. Darauf, in großen Lettern: „Es war einmal in Amerika“. Dieses, im Stadtbild Kölns gerade recht prominente Plakatmotiv der aktuellen Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums zur Kunstgeschichte der USA, erinnert mich weiterlesen
Versuche, zu verstehen und zu akzeptieren
Oliver Tepel im Gespräch mit der Künstlerin Claire Morgan (*1980 in Belfast). Claire Morgans Ausstellung „Recent Lapses in Judgement“ ist noch bis 27. Oktober 2018 in der Galerie Karsten Greve, Köln zu sehen.
Ein toter Vogel durchwirbelt im raschen Flug eine kugelförmige Wolke aus schwebenden Blütensamen. Ein paar Schritte näher erweist sich die minutiös geordnete Wolke als Ansammlung kleinster Schnipsel Plastikmüll. Anderswo bilden Fliegen einen verschachtelten Kubus oder sie erheben sich, schwarmgleich in hastiger weiterlesen
Medardo Rosso
Im Wandel des Lichts – Oliver Tepel über Medardo Rosso im Museum voor Schone Kunsten, Gent, bis 24.6.
Keine Erscheinung, keine Regung, die nicht in ihrer Momenthaftigkeit betrachtet werden muss, soll sie nicht als eingefrorene Grimasse ihrer Selbst erscheinen. So könnte ein Impressionist argumiert haben oder, in Italien, ein Futurist möglicherweise. Doch was für die künstlerische Paxis angeführt werden könnte, mag ebenso für kulturelle Strömungen gelten, sie werden alsbald festgeschrieben zu formelhaften Grotesken ihrer weiterlesen
Werner Mantz
Oliver Tepel über „Werner Mantz. Architekturen und Menschen“ im Museum Ludwig, Köln, bis 21.1.18
Ich blicke in ein Gesicht schwarz-weiß mit leichter Sepiatönung. Ein Mann, vermutlich am Beginn seines dritten Lebensjahrzehnts sieht mich unvermittelt an, aufmerksam, etwas skeptisch vielleicht, aber offensichtlich sehr selbstbewusst, er beobachtet mich, so scheint es mir. Seine schräg vor die Brust gehaltene Hand hält auf eine etwas dandyhafte Weise eine Zigarette, es ist eine starke Hand, sie könnte sicher gut weiterlesen
Medusa, Dein Antlitz, ach, vermisse ich
Oliver Tepel über „Medusa – Bijoux et tabous“ im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, bis 5.11.
Ein roter Mund, verführerisch geschwungene Konturen, die Lippen leicht geöffnet. So lockt man auf Plakaten, primäre Reize vor tiefschwarzem Hintergrund. Worum geht es denn? Während ich mich dem Poster nähere, verändert sich der Mund. Vor meinen Augen erscheint die perlweisse Zahnreihe bald als scharfkantiges Haifischgebiss, dann, nach dem Überqueren der Straße ist es zum Antliz weiterlesen
Die Struktur der Kathedrale
Oliver Tepel über die Neuerscheinung „Lampe und sein Meister Immanuel Kant – eine Graphic Novel“ von Antje Herzog, Edition Büchergilde, 2017, durchgehend illustriert und handgelettert. Bedruckter, fester Einband, zweifarbig gedruckt, Format 21 x 27 cm, 152 Seiten, € 26,-, ISBN 978-3-86406-068-7
Alles ist fein unterteilt, in geordneten Proportionen, nichts darf das Andere durchdringen, sonst ist der Welten Ruhe in Gefahr. So wissen wir, was Kunst ist und was nicht und es geziemt sich nicht, danach zu fragen, weiterlesen
Eine Gesellschaft als Treppenhaus
Oliver Tepel über „Fragmente der Moderne – Karl Hugo Schmölz zum 100. Geburtstag“ bei van der Grinten Galerie, Köln, bis 13.4.17
Die just vergangenen Tage des Karnevals erinnern an das rheinische Vermögen, jegliches Tun und Schaffen in einen großen Kölner Mythos zu überführen. Selbst die jeglichem bunten Trubel so abholden Architekturphotographien Karl Hugo Schmölz‘ zeigen dann irgendwann nicht mehr eine spezifische Zeit, einen spezifischen Stil, sondern Kölsche Interieurs. So fanden sie ihren Eingang in weiterlesen
Eine kurze Geschichte der Menschheit
Oliver Tepel über „Eine kurze Geschichte der Menschheit. 100.000 Jahre Kulturgeschichte“ in der Bundeskunsthalle, Bonn, bis 26.3.2017
Eine große kleine Geschichte. 528 Seiten zählt die deutsche Ausgabe des überaus erfolgreichen Buchs des Universalhistorikers Yuval Noah Harari. Der Deutschlandfunk attestiert ihm „Coolness“ und tatsächlich vermag er es, eine sachliche Beschreibung mit originellen und zugleich griffigen Bildern anzureichern. Nur war es nicht Hararis Ziel, den aktuellen Stand des Wissens über die Entwicklung der Menschheit auf ein weiterlesen