The New World in the Treasure of an Old European Library

The New World in the Treasure of an Old European Library


Henning Fehr und Philipp Rühr in der Galerie Max Mayer Düsseldorf, bis 23. Februar

Es ist ihre erste Ausstellung in einer Galerie und die weckt bereits einiges an Neugierde. Die beiden noch Studierende der Düsseldorfer Kunstakademie Henning Fehr und Philipp Rühr nehmen in ihrem Film „My Language Is An Unpaved Road (Crystal Bridges)“ das neu gegründete Museum „Crystal Bridges“ in der tiefen US-amerikanischen Provinz Bentonville in Arkansas ins Kreuzverhör. Die Gründerin taucht auf und berichtet von den unglaublichen 1,2 Billionen Dollar, die ihre Familie dem Museum gestiftet hat; die Präsidentin des Pferdevereins von Arkansas, die die Bilder ihres Onkels im Museum ausstellen will; die Bibliothekarin – und immer wieder das Museum und seine mit Bildern und Tafeln behängten Räume, die an eine biedere christlichen Gemeinde erinnern. Und dann die Gegend – hoffnungslos provinziell. Irgendwie rührend naiv und gerissen zugleich wirken diese Aufnahmen.

Im hinteren Raum der Galerie dann dokumentiert die Projektion „Crystal Bridges – A Stage Play“ eine Aktion dieser beiden Künstler an der Düsseldorfer Akademie. Bevor sie nach Bentonville aufbrachen, re-inszenierten sie in Gegenwart eingeladener Gäste die Pressenkonferenz zur Eröffnung des Museums: Fehr in der Rolle des Direktors, Don Bacigalupi, Rühr in der der millionenschweren Erbin.

An Ausstellungsinstitutionen haben sich vor allem in den 90 Jahren des vorigen Jahrhunderts viele Künstlerinnen und Künstler bereits abgearbeitet. Als Institutionskritik ging diese Art der Kunst, die sich nicht gerade durch Witz auszeichnete, in die neuere Kunstgeschichte ein. Auch Fehr und Rühr gehen der Frage einer Institution nach. Doch anders; ihr Film, ihre Aktion, ihr Buch zum Film und ihre gemalten Bilder, die Bentonville zeigen, bilden eine eigene Welt, die sich nicht nur durch unterschwelligen Humor, parodistische Einlagen und assoziative Vergleiche auszeichnet, sondern auch konkret, bissig und – wenn man das Wort noch wagen kann – aufrüttelnd ist.

Warum? Weil sie spielerisch und doch überzeugend zeigt, dass sich mit der Gründung des Museums „Crystal Bridges“ in Bentonville eine Wende abzeichnet. In Bentonville gründete 1950 Sam Walton seinen ersten Laden, den Vorläufer des Einzelhandelkonzerns Wal-Mart, der heute ein der umsatzstärksten Unternehmen der Welt ist. Und in diesem verschlafenen Kaff errichtete 2011 die Erbin von Wal-Mart, Alice Walton, das Museum für amerikanische Kunst „Crystal Bridge“ genannt, weil zwei der von dem Architekten Moshe Safdie gebauten Gebäuden tatsächlich Brücken aus Glas sind.

Walmart ist als besonders profitorientiertes Unternehmen bekannt; um den Gewinn zu steigern, verlangt Walmart etwa von seinen Lieferanten die Einrichtung kostenloser Hotlines, um bei Bestellungen eigene Telefonkosten zu sparen. Gier nach Profit zeichnet den Konzern aus. Und das von ihm gesponserte Museum? Wie der Film treffend zeigt, ist die Motivation für die Gründung des Museums nicht mehr das aus dem 19. Jahrhundert geerbte Anliegen, Bildung und Kultur zu fördern, sondern die Aufwertung der Gegend durch Kulturtourismus. In wenigen Monaten nach der Gründung erreichte die Zahl der Besucher eine halbe Million. Da freut sich im Film der Bürgermeister von Bentonville stellvertretend für den hiesigen Dienstleistungssektor. Dass auch in der Alten Welt Museen verstärkt wirtschaftlich denken und sich an Besucherzahlen messen lassen müssen ist kein Geheimnis. Der Film geht jedoch noch einen Schritt weiter und zeigt, wie „Crystal Bridges“ als Motor für profitable Geschäfte eingesetzt wird. Da lässt die Forderung an Künstler und Galerien nach kostenlosen Bestell-Hotlines wohl auch nicht mehr lange auf sich warten.


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