Die Unfreiheit der unregelmäßigen Verben – Andreas Richartz über die Neuerscheinung „Zehn, zwanzig, dreißig, vierzig. Fragment einer Autobiografie. Schriften. Band 1“, einen unverhofften autobiografischen Nachlass des 2014 viel zu früh verstorbenen deutschen Filmemachers, Künstlers, Autors und Bilder-Forschers Harun Farocki.
Um es vorweg zu sagen: Harun Farockis autobiografische Selbstbespiegelungen sind eine literarische Sensation. Und das nicht nur, weil nicht einmal Kenner seines Werks das posthume Erscheinen einer derart ambitionierten Prosa erhofft haben dürften. Als sensationell weiterlesen
Bettina Haiss über Georg Herold im Kunstmuseum Bonn, bis 7.1.18
Schon im ersten Raum der Ausstellung ist man mittendrin. GEORG HEROLD, der gerade eine umfassende, retrospektiv angelegte Schau am Kunstmuseum Bonn bespielt, empfängt mit offenen Armen bzw. einer einnehmenden Fülle an Werken aus verschiedenen Schaffensphasen. Den Mittelpunkt des generösen Auftakts bildet eine fulminante Aufstellung von vier Figuren, umgeben von einer Reihe von Leinwandarbeiten mit Ziegelsteinen an den Wänden. Auf weißen Sockeln liegen die überlebensgroßen, weiterlesen
Großformatig unaufgespannt – Ellen Wagner über „AKADEMIE“ im KIT – Kunst im Tunnel Düsseldorf, bis 7.2.18
Die Akademie als weißer Wal? In stiller Größe, als Sinnbild und konkreter Ort der poetischen Vereinigung von Natur und Kultur, erhaben, uralt, unerlegbar. Ist es das, was uns die Ausstellung AKADEMIE im KIT sagen will, wenn sie uns gleich am Eingang mit einer großen schlappen Walfischflosse, genäht aus weißem Nessel und bis zum Boden von der Decke hängend, konfrontiert? Rosa Sarholz’ weiterlesen
Oliver Tepel über „Werner Mantz. Architekturen und Menschen“ im Museum Ludwig, Köln, bis 21.1.18
Ich blicke in ein Gesicht schwarz-weiß mit leichter Sepiatönung. Ein Mann, vermutlich am Beginn seines dritten Lebensjahrzehnts sieht mich unvermittelt an, aufmerksam, etwas skeptisch vielleicht, aber offensichtlich sehr selbstbewusst, er beobachtet mich, so scheint es mir. Seine schräg vor die Brust gehaltene Hand hält auf eine etwas dandyhafte Weise eine Zigarette, es ist eine starke Hand, sie könnte sicher gut weiterlesen
Hauke Ohls über „Stealing from the West. Kulturelle Aneignung als Postkoloniale Vergeltung“, Akademie der Künste der Welt, Köln, ACADEMYSPACE, Herwarthstraße 3, bis 10.12.
„White man came across the see / He brought us pain and misery“ – Iron Maiden, die Heroen des britischen Heavy Metal, verfolgen in ihrem Song Run to the Hills von 1982 eine eher direkte Botschaft: der „weiße Mann“ kam, sah und zerstörte. Die Ausstellung Stealing from the West. Kulturelle Aneignung weiterlesen
Sabine Elsa Müller über die Eröffnungsausstellung „Aftermieter“ im Haus Mödrath – Räume für Kunst, Kerpen, bis 15.11.
Wem sich das miese Herbstwetter dieser Tage aufs Gemüt legt, dem sei ein Ausflug nach Kerpen wärmstens empfohlen. Aber auch bei schönster Oktobersonne sollte man sich die Ausstellung „Aftermieter“ im neuen Kunststandort Haus Mödrath nicht entgehen lassen. Dieser sehr spezielle Ort mit dem halb verwilderten, halb herrschaftlichen Park um ein Haus, das sich vom Keller bis zum weiterlesen
Suchbewegungen – Mirosław Bałka, einer der bekanntesten polnischen Künstler der Gegenwart, erschafft im Museum Morsbroich, Leverkusen verrätselte Zeichenpfade aus den dunkelsten Kapiteln der Vergangenheit. Eine Besprechung von Alexandra Wach, bis 7.1.
Persönliche Erinnerungssplitter, die Zeitlichkeit der menschlichen Existenz und das Wissen um die Katastrophen der Geschichte ziehen sich wie ein roter Faden durch eine auf puren Minimalismus setzende Ausstellung. Mit ihrem Titel „Die Spuren“ lässt sie keinen Zweifel daran, dass der Besucher zu einer eigenen weiterlesen
Parallel zur alljährlichen Berlin Art Week, die als Ausstellungsmarathon der Extraklasse ihresgleichen sucht, eröffnet in diesem Jahr erstmals die art berlin in der Station am Gleisdreieck. Die neue Kunstmesse ist eine Kollaboration zwischen der etablierten Art Cologne, geleitet von Daniel Hug und dem Team des ehemaligen Messeformats abc – art berlin contemporary unter der Führung von Maike Cruse, Direktorin des ebenfalls sehr erfolgreichen Gallery Weekends.
Cruse, versteht die neue art berlin als Weiterentwicklung der weiterlesen
Stefanie Raupach über den Wandmaler Klaus Paier
Die Schatten- und Sonnenseiten der Gesellschaft zeigen sich meist in den Städten. Köln beispielsweise tritt als Nicht-Ort des kopflosen Konsums in Erscheinung, aber auch (noch) mit Orten, die geprägt sind von der Energie derer, die anders leben wollen, die kulturelle und gesellschaftliche Beteiligung und nachbarschaftliches Engagement schätzen. Die Kölner Südstadt ist so ein Stadtteil. Mittendrin in der für viele auch unerschwinglichen Idylle zwischen Park und hippem Burgerladen weiterlesen
Oliver Tepel über „Medusa – Bijoux et tabous“ im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, bis 5.11.
Ein roter Mund, verführerisch geschwungene Konturen, die Lippen leicht geöffnet. So lockt man auf Plakaten, primäre Reize vor tiefschwarzem Hintergrund. Worum geht es denn? Während ich mich dem Poster nähere, verändert sich der Mund. Vor meinen Augen erscheint die perlweisse Zahnreihe bald als scharfkantiges Haifischgebiss, dann, nach dem Überqueren der Straße ist es zum Antliz weiterlesen