Anfangs musste die Kunst unter's Bett

Anfangs musste die Kunst unter’s Bett


Der Soester Sammler Carl-Jürgen Schroth. Kunstsammler aus NRW – Eine Serie von Patricia Susana Schnurr und Marion Ritter

Urige Fachwerkhäuser, ein idyllischer See mit alter Wassermühle und die markante Farbe des Grünsandsteins an Häusern und Kirchen – Das kleine Zentrum von Soest könnte kaum malerischer sein. Der historischen Hansestadt setzt Carl-Jürgen Schroth seit einigen Jahren die reduzierte Sprache der Kunst der Moderne entgegen: Präzise abstrakte Formmuster, geometrische Farbfiguren, monochrome Malerei, mathematisch berechnete Konstruktionen. Nun macht der umtriebige Sammler seine Werke auch öffentlich zugänglich.

Bereits in den 1980er Jahren packte den gelernten Maschinenbauingenieur die Sammelleidenschaft. Während man im Rheinland zu dieser Zeit vor allem die „wilderen“ Künstler wie Baselitz, Penck und Lüpertz und ihre neoexpressive Malerei sammelte, ging Schroth unbeirrt auf die Arbeiten der Konkreten und Post-Minimalen zu: Victor Vasarely, Francois Morellet, Daniel Buren, Günter Umberg und Beat Zoderer etwa, heute verstärkt auch auf jüngere Positionen wie Julieta Aranda und Ignacio Uriarte. Das weniger ist mehr Prinzip faszinierte ihn auch beruflich: „Bei der Herstellung von Luftfahrtprodukten waren für mein Unternehmen minimalistisches Denken, etwa in Sachen Gewicht und Kosten ein ebenso wichtiges Thema. Die Frage, wie die Kunst mit den Bedingungen der Physik und der Mathematik umgeht, trieb mich vielleicht auch deshalb besonders um“, erzählt er. Das nach all den Jahren eine ernstzunehmende Sammlung entstanden war, dämmerte Schroth erst später. „Du hast etwas wirklich Wichtiges geschaffen, weil Du so konsequent gesammelt hast“, meinte da ein Galerist zu ihm. Dabei habe er immer nur intuitiv gekauft. Erst gemeinsam mit seiner Frau an den Grafiktagen in der Region, dann ging es nach Köln und Düsseldorf in die Galerien und zur Art Cologne. Anfangs waren schon 150 DM für ein Kunstwerk viel. „Das eigentliche Sammeln“, so Schroth, „fing aber erst an, als wir Kunst kauften, obwohl es in der Wohnung keinen Platz mehr gab. Da musste die Kunst erstmal unter dem Bett verstaut werden.“ Dann musste irgendwann eine neue Wohnung her, die der Kunst in Größe und Form gerechter wurde. Und nach dem Rückzug aus dem Familienunternehmen 2007 folgte noch einmal ein Umzug in ein zu Wohnzwecken umgebautes, ehemaliges Schulgebäude und damit auch die Entscheidung, sich intensiver um Kunst kümmern zu wollen.

Fortan konnten auch die Soester der Sammlung beim Wachsen zusehen. Die große Außenskulptur von Vera Röhm etwa, bestehend aus 16 Cortenstahl-Plexiglas Stelen wurde feierlich eingeweiht. Neu erworbene Zeichnungen und Skulpturen von Ulrich Rückriem und weitere Neuzugänge wie die von Spencer Finch und Winston Roeth konnten an sonntäglichen Tagen der Offenen Tür begutachtet werden. Bei der Gelegenheit zeigte der Motorradfan Schroth auch gerne schon mal ein Ducati Sondermodell gemeinsam mit der Kunst in seinem Wohnzimmer. Mit der Ausstellung „Licht – Raum“, die nicht nur die privaten Wohnräume, sondern auch ein weiteres Gebäude in der Nachbarstadt Arnsberg als Ausstellungsort bespielte, wagte sich Schroth im letzten Jahr nun auch im großen Stil an die Öffentlichkeit. In 35 Werken von 23 internationalen Künstlern zeigte er seine Faszination für klare Strukturen, farbige Reflexionen und durch Licht erzeugte Illusionen einem größeren Publikum. Viele der gezeigten Werke gehen dabei über den Formalismus hinaus, indem sie diesen auf die Realität – etwa bezogen auf Materialien, Materialität und Raum überprüfen. „Der Dialog mit Künstlern, Galeristen, Sammlern und Wissenschaftlern ist mir ebenso wichtig, wie die Gespräche mit den Besuchern“ erklärt Schroth seine Schritte in die Öffentlichkeit. Auch in der Lichtregion mit dem Zentrum für internationale Lichtkunst im benachbarten Unna, findet die rund 150 Werke umfassende Sammlung Schroth mit ihrer Ausrichtung zunehmend Aufmerksamkeit.

Seine Bekanntheit genießt der gebürtige Arnsberger und nutzt sie zugleich für sein Engagement in der Region. Denn trotz vieler Auslandsreisen ist ihm seine Heimat eine Herzensangelegenheit. Zu seiner Gastfreundschaft kann daher für nicht ortskundige Ausstellungsbesucher und Künstler auch mal eine sachkundige Stadtführung gehören. Kein Wunder also, dass der energiegeladene Sammler auch den Weg in die Kulturpolitik nicht scheut, um sich dort gezielt für die Kunst einzusetzen. So darf man etwa in der Zukunft auf den Ausbau eines städteübergreifenden Lichtkunst-Projekts im öffentlichen Raum gespannt sein. Und auf das derzeit größte Vorhaben: Einen eigenen Ausstellungsraum für die Sammlung.

Sammlung Schroth
Filzenstraße 6
59494 Soest
Tel. 02921-14177
info@sammlungschroth.org
www.sammlungschroth.org

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