Besprechung Les Pieds sur Terre

Besprechung
Les Pieds sur Terre


atelier le balto »Les Pieds sur Terre« / Ludwig Forum Aachen / bis 19.9.

Seit dieser Woche widmet das Ludwig Forum Aachen den Gartenkünstlern atelier le balto – bekannt durch Gartenprojekte für die Kunstwerke Berlin, Palais de Tokyo in Paris und der Villa Romana in Florenz – eine Ausstellung. Das Team aus Architekten und Landschaftsgestaltern entwickelt außerdem für den anliegenden Museumspark ein Konzept zur Restrukturierung. Diese Umgestaltung begann bereits 2009 und ist auf mehrere Jahre hin angelegt. Mit einem der Besucher-Liegestühle hat sich Axel Voli während der Ausstellungseröffnung zu Véronique Faucheur und Marc Pouzol gesellt.

Axel Voli (AV): atelier le balto besteht aus Euch beiden, Véronique Faucheur und Marc Pouzol und aus Marc Vatinel, der heute noch auf dem Weg nach Aachen ist?

Véronique Faucheur (VF): Ja, Marc hat ein Büro in Le Havre und wir beide arbeiten von Berlin aus.

AV: Ich habe nirgendwo eine Erklärung für den Begriff le balto gefunden?

Marc Pouzol (MP): Es gibt mehrere Kneipen mit dem Namen in Paris. Das kommt von einer amerikanischen Zigarettenmarke, den die Kneipen übernommen haben. Als wir in der Kunsthochschule in Paris studiert haben, gab es gegenüber eine Kneipe le balto. Wir haben einen Namen gesucht und da wir uns dort oft getroffen haben, kam es zu dem Namen.

AV: Wie würdet Ihr diese Orte nennen, die Ihr macht: Gärten oder Parke?

DF: Wir haben eher mit Gärten angefangen. Das war der Garten der Kunstwerke Berlin. Der hat auch mehr den Maßstab von einem Garten. Der jardin sauvage im Palais de Tokyo war auch ein Garten.

MP: Dann war da so ein Punkt, als wir vier Gärten auf brachliegenden Flächen in Berlin gemacht haben. Dafür haben wir Fotografen beauftragt, die sich auch für Brachen interessieren und die haben uns ein vollkommen neues Bild von den Projekten oder Orten rückgekoppelt. Die haben diese kleinen Orte wie Landschaften fotografiert und das fanden wir sehr interessant. Seitdem sind wir ein bisschen weg von dem Wort Garten. Wir sprechen seither von Projekten oder von der Inszenierung von Orten. Mit den Maßstäben, wie in der Villa Romana in Florenz und hier im Ludwig Forum ist das eher ein Park. Ein großer Garten oder ein kleiner Park.

atelier le balto, Villa Romana, Florenz

AV: Ihr habt meist mit Kunstinstitutionen als Auftraggebern zu tun.

MP: Es ist für uns ein Luxus, dass wir nicht für Investoren arbeiten müssen. Diese Art von Auftrag: Mach mal da schön grün und schnell und billig …Unsere Beziehung zu unseren Auftraggebern in den Kunstinstitutionen ist die zu Partnern und Komplizen.

AV: Für die KW in Berlin habt Ihr den Garten öfter neu gestaltet. Das ist aber auch bei anderen Projekten von Euch ein Prinzip: Die Gärten werden nicht nur einmal angelegt und dann ist es passiert, sondern Ihr kommt immer wieder zurück und arbeitet über längere Zeiträume daran.

VF: Der Faktor Zeit hat uns immer interessiert, weil wir eben mit Pflanzen arbeiten. Es gibt Pflanzen, die in vier Wochen einen Raum total verändern können, und es gibt Pflanzen die fünfzig oder hundert Jahre brauchen, um diese Wirkung zu haben. Das ist schon in unserer Ausbildung wichtig gewesen, dass wir mit dem Faktor Zeit arbeiten. Dann kam die erste Anfrage von KW, im Rahmen einer Ausstellung einen Garten zu machen für den Hof, der denkmalgeschützt ist. Das bedeutete, dass der Garten da nicht bleiben durfte. Daraus entwickelten wir eine Strategie mit dem temporären Garten, damals zur Berlin Biennale. Als er dann wieder weg war, da waren sie alle traurig und haben gefragt, ob das nicht wieder möglich wäre für das nächste Jahr.

MP: Da haben wir gesagt, das machen wir jedes Jahr und daraus sind dann sechs Gärten geworden.

VF: Für uns war es sehr interessant, für denselben Ort verschiedene Gärten zu entwickeln, die zwar miteinander zu tun hatten, aber doch sehr unterschiedlich waren.

MP: Ein Journalist hatte in art geschrieben, dass wir Pflanzstücke inszenieren. Das fand ich sehr schön …wie ein Musikstück. Weil die Pflanzen wirklich das Hauptelement sind. Der Weg natürlich auch, wie man durch so einen Ort durchgeht, aber die Pflanzen sind bei fast jedem Projekt immer vorne.

Bei den KW haben wir im ersten Jahr eine Art Dschungel gemacht. Wir hatten uns Pflanzen aus einer Baumschule geliehen. Davon sind drei Bäume geblieben. Jetzt ist der Hof wieder fast leer. Aber ich glaube, dieser Hof braucht keinen Garten für die Ewigkeit.

DF: Die drei Obstbäume, die dort noch stehen sind jetzt größer geworden und nehmen auch mehr Platz ein.
AV: Vielleicht passt dieser modellhafte Ansatz von Euch besonders zu Kunstinstitutionen. Wenn Ihr da etwas wie einen Entwurf baut und nach einiger Zeit ist das wieder weg. Wie auch hier beim Park des Ludwig Forum sagt Ihr auch bei anderen Orten nicht: das Vorhandene muss erst mal weg. Ihr arbeitet durchaus mit dem Pflanzenbestand der vorhanden ist. Liegt Euch das als grundsätzliche Haltung oder hat sich das aus den Kooperationen mit den Institutionen ergeben? Dort sind ja häufig bereits Pflanzungen vorhanden gewesen.

MP: Wir haben die Chance, dass wir solche Auftraggeber haben, wie Brigitte Franzen, die uns vertraut haben, da gleich auf zwei, drei, vier Jahre zu planen. Wir fragen uns: was wäre jetzt das maximale Projekt für so einen Ort, was verkraftet so ein Ort, oder gleichzeitig, was wäre das Minimale, wie etwa anders den Rasen mähen, die Bäume schneiden.

Da man meist eher kleine Etats hat in diesen Zusammenhängen, sind wir eher nahe an den minimalen Eingriffen. Das ist dann irgendwann in unsere Haltung eingeflossen, dass wir uns sehr gerne an einem Ort positionieren, Störungen machen, neue Blicke schaffen. Aber wir wissen auch, dass danach etwas anderes kommen kann. Wir versuchen nicht, der Schlusspunkt zu sein. Wenn zum Beispiel der Direktor wechselt, dann kann es wieder sein, dass der dann Tabula Rasa macht. Unsere Sachen sind nicht für die Ewigkeit gemacht und wir positionieren uns psychologisch in einer Dynamik.

AV: Mich erinnert dieses Vorgehen an die Situation, wenn Architekten ein älteres Gebäude umbauen und neu definieren. Es existiert da bereits etwas, an dem man sich reiben kann.

DF: Das ist auch das, was mit dem Ludwig Forum passiert ist. Das ist eine ehemalige Fabrik (Regenschirmfabrik 1928) und da spürt man auch nach dem Umbau, dass da mal eine andere Nutzung war. Wir agieren auf die gleiche Weise. Das wäre auch doof, wenn man, wie hier, fünf alte Linden hat, die etwas vierzig Jahre alt sind, die raus zunehmen. Weil die ihre Wirkung erst jetzt endlich haben.

MP: Manchmal muss man natürlich trotzdem etwas rausnehmen, damit man das Ganze besser lesen kann. Das ist eben immer das Abwägen zwischen dem Minimalen und dem Maximalen.

AV: Seht Ihr Verbindungen zu den künstlerischen Arbeiten in den Institutionen/Museen, mit denen Ihr arbeitet?

MP: Ich denke schon, dass uns unbewusst Haltungen, die von dort kommen, inspirieren.

AV: Hier in Aachen habt Ihr für Eure Ausstellung einige Bilder aus der Sammlung, aus dem Archiv ausgewählt.

DF: Das hat mit dem zu tun, was Marc gerade erwähnt hat, dass wir uns in einer Dynamik sehen. Also wir kommen in ein Museum, in dem auch ganz viel Malerei gezeigt wird und das ist die Gelegenheit für uns aus dem reichen Fundus der Sammlung auszusuchen und einen Bezug zu unserem Werk zu finden. Das ist eine Möglichkeit, die wir gesehen und gleich genutzt haben.

AV: In der Ausstellung verwendet Ihr Gitter als Trägerdisplays für die Fotos von Euren Gärten. Ich fand den Abstand (ca. 40 cm) von der Wand sehr wichtig. Ich musste dabei an einige Eurer Garten-Projekte denken, die ihr mit Holzstegen strukturiert habt, die auch einen gewissen Abstand, in dem Fall zum Boden, erzeugen. Als hättet Ihr dieses Prinzip aus Euren Gärten in den Ausstellungsraum übertragen?

atelier le balto, Les pieds sur terre, Ludwig Forum Aachen, 2010, Ausstellungsansicht. Foto: Carl Brunn

 

MP: Die Gitter in der Ausstellung haben wir in einem Museum gesehen. Das war im Keller des Kunstmuseums in Hamburg, wo solche Gitter direkt an der Wand im Keller sind, wo die Malerei gelagert wird. Das hat damit zu tun, dass wir nicht Bilder einrahmen wollen, denn das ist auch unser Archiv, unser Fundus, den wir hier zeigen.

Wir haben jetzt beim Aufbau gerade den Spaß, jedes Projekt noch einmal zu komponieren. Es sind zwölf Garten Projekte und zwölf Bilder zu jedem Projekt. Mit den Fotos, die wir ausgewählt haben, erzählen wir jetzt noch mal neue Geschichten. Ich glaube es geht um die Idee der Komposition und das hat alles mit Kunstinstitutionen zu tun.

DF: Wir haben diese Gitter zweimal auch schon in Gärten benutzt (z.B. Katen-Garten, Berlin Mitte, 2005 – 2008) …als Abgrenzung, aber auch, weil wir sehr gerne mit Schatten und Licht arbeiten. Dieses Gitter projiziert auch sehr schöne Schatten. Hier im Ausstellungsraum war uns aufgefallen, dass, wenn die Sonne scheint, sehr schöne Sonnenstrahlen herein kommen. Dass durch die Gitter dann Schatten auf die Wände produziert werden und man nicht nur die Fotografien sieht, sondern auch das Gesamte, die Räume. Um diese Ausstellung zu konzipieren, haben wir agiert, wie wir in einem Garten agieren. Wir schauen erst mal, was vorhanden ist, was wir aufheben wollen. Hier in diesen Räumen haben uns die konkreten Betonbalken sehr beeindruckt. Wir haben darauf reagiert und unsere Sachen sehr regelmäßig platziert zu dieser Vertikalen. Wir bleiben mit den Gittern und Fotos unterhalb dieser Querbalken aber die Malerei aus der Sammlung Ludwig wird zum Teil oberhalb dieses Rasters gehängt.

AV: In die Baumkrone.

MP: (lacht) genau.

DF: Das war ursprünglich so gedacht aber das haben wir ein bisschen geändert.

MP: Ähnlich wie bei unseren Gärten, ist es auch hier: wir lieben Rückseiten. Wir kaschieren nie etwas. Wir versuchen eher, die Landschaft oder die Menschen, die Kulissen mit einzubeziehen in den Garten. Wir wollen die Technik nicht kaschieren. Ich habe heute viele Leute gesehen, die ihren Kopf in diesen Abstand zwischen Wand und Gitter stecken und gucken. Da sieht man einen ganz neuen Zwischenraum, der ganz schön ist.

Wir gehen in den Städten, in denen wir gerade arbeiten, wie hier, gerne in die Botanischen Gärten. Wir schauen dann dahinter, wo die Pflanzen kultiviert werden, wo die Töpfe sind, wo es nicht aufgeräumt ist. In unseren Gärten verstecken wir zum Beispiel auch den Kompost nicht. Der Kompost ist immer mitten in dem Garten. Wir versuchen sehr real zu arbeiten, nicht zu verstecken und nicht zu dekorieren. Das ist ein Prinzip von uns.
AV: Wenn man diesen fast schon allgegenwärtigen Begriff – Natur – ins Spiel bringt: Würdet Ihr das Nicht-Kaschieren und permanente Verändern als wesentlichen Eckpfeiler Eures Verständnisses von Natur sehen? Und was kämen noch für Pfeiler dazu, die Ihr für wichtig haltet?

MP: Die Jahreszeiten. Dass ein Garten im Winter auch ganz trist sein kann. Im Palais de Tokyo haben wir nur mit Stauden gearbeitet, die „schmelzen“im Winter, und verschwinden, und dann ist die Erde wieder zu sehen. Dann haben die Leute Lust, im Frühling wieder zu kommen. Das ist so eine Attraktion. Es muss nicht immer grün sein, es muss nicht immer geschnitten sein. Diese Wellen sind ein wichtiges Element für uns. Dass es Hochzeiten gibt, wo alles blüht und sprießt und dann wieder ganz ruhige Zeiten.

DF: Und auch die Besucher selbst. Wir wissen, wenn man öfter einen Garten besucht, dass der Besucher zum Akteur wird. Der zweite Besucher sieht den ersten Besucher als Teil des Gartens. Es ist mir gestern bewusst geworden, dass wir die Ausstellung genauso gemacht haben. Wir haben zwei so genannte große Tische, wo Sachen darauf gestellt werden. Dadurch, wie wir sie platziert haben, wird der Besucher auch Teil der Ausstellung. Er wird plötzlich da sitzen und die Sachen anschauen und für den nächsten Besucher ist er da zu sehen als Person, als Betrachter in der Ausstellung. Das ist unsere erste Ausstellung, abgesehen von einer kleinen Präsentation, und ich sehe, dass das Drinnen die gleiche Art zu arbeiten ist wie Draußen. Bis darauf, dass wir Innen kein lebendiges Material benutzen.

AV: Aber gibt es hier im Garten ein „Dahinter“?

DF: Es gab viele „Dahinter“ und wir nehmen sie peu à peu weg. Es gab den Parkplatz und den Park getrennt voneinander und jetzt gibt es wieder Dialoge zwischen den beiden. Es gab das (zugewachsene) Wäldchen und viele Gebüsche, wo es ein hinter dem Gebüsch gab. Jetzt gibt es so intimere Ecken und weitere Flächen aber man guckt immer von dem einen zu dem anderen …
MP: …und man nimmt nun die Großzügigkeit der Fläche wahr. Vorher hatte man immer so Stücke, wie das Wäldchen und das Stück hinter dem Wäldchen.

AV: Könnt ihr noch etwas zur Zusammenarbeit in der Gruppe sagen?

MP: Für uns ist nach wie vor der Enthusiasmus wichtig, wenn wir uns treffen. Zwischen den Treffen sind immer Geschichten passiert, sowohl bei Marc in Le Havre wie auch bei uns in Berlin. Paris liegt zwischen Berlin und Le Havre und es ist der Ort, wo wir uns auch immer wieder treffen. Was wir hier in Aachen mit Brigitte und mit Angelika (Stepken) in Florenz erfunden haben, ist eine Woche an einem Ort zu arbeiten. Das ist für uns ungewöhnlich und neu und deshalb eine schöne Sache, weil wir uns ganz gerne hundertprozentig auf einen Garten oder Park konzentrieren. Und der Rest geht ein bisschen in den Hintergrund.

DF: Das ist auch eine Möglichkeit für uns, den Ort wirklich wahrzunehmen, die Leute dort besser kennen zu lernen. Das Tageslicht mitzukriegen, wie das vormittags, nachmittags ist. Das bereichert das Projekt.

AV: Seht ihr heute noch Schulen oder länderspezifische Entwicklungen in der Landschaftsarchitektur?

MP: Das Geographische ist schon wichtig. Früher war der Landschaftsarchitekt oder Architekt eher einer Region zugeordnet, weil man auch nicht so einfach reisen konnte.

DF: Ich denke da an die Geschichte der Gartenkunst, wo Leute wie Claude Lorrain, der Maler, gereist sind, und die haben Bilder zurück gebracht und das hat wiederum andere beeinflusst. Oder die Italiener, die durch ihre Familien oder durch den Hof nach Frankreich kamen und viele handwerkliche Fertigkeiten mitgebracht haben. Mindestens innerhalb Europas gab es da schon länger ziemlich viel Austausch: Italien, England …Deutschland. Es war nicht so simpel wie die Gartenkunstgeschichte das als Abfolge erzählt: Italienischer Garten, Französischer Garten, Englischer Garten. Die wurden alle voneinander beeinflusst.

MP: Heute zum Beispiel ist die ökologische Welle aus Deutschland in Frankreich sehr präsent und Deutschland ist viel mehr dem Design zugewandt. Vor fünfzehn Jahren gab es in Spanien eine Hinwendung zum öffentlichen Raum, auch über die vielen Veränderungen in Barcelona. Vor zehn Jahren war dann Holland wichtig mit großen städtebaulichen Projekten. Jetzt würde ich fast sagen, dass Deutschland wieder ein ziemlich zentraler Punkt ist in der Landschaftsarchitektur. In Frankreich fanden vor zwanzig Jahren ganz wichtige Sachen statt. Das bewegt sich innerhalb Europas ständig.

AV: Ihr seht Euch also in der Tradition des europäischen Gartens. Gibt es bei der heute typischen gleichzeitigen Wahrnehmung viele Einflüsse und Überschneidungen zu außer-europäischen Konzepten?

DF: In der arabischen Welt ist zur Zeit alles pic o bello: große Wiese, viele Bewässerungsanlagen. In Asien wird viel Wissen aus den europäischen Ländern geholt, aber auch die Europäer, die dort arbeiten, probieren dabei neue Sachen aus.

MP: Was wir wahrnehmen, geht dort sehr viel in Richtung Dekoration. Das Grün oder der Garten, der Park, die Landschaft ist fast alles Dekor drum herum.

AV: Wie ist Euer Verhältnis zu Skulpturen, die in den Gärten stehen, in denen Ihr arbeitet?

DF: Das ist wie bei einem Architekten, der ein Museum baut. Er muss das Museum auch für die Bilder machen. Hier war die Anfrage von Brigitte da für den Skulpturenpark, der schon da war. Aber man sah fast nur noch die Skulpturen und den Park nicht mehr. Zum zweiten waren die Skulpturen schon sehr lange da und besetzen den Raum. Wenn sie den Raum besetzen, besetzen sie den Park selbst, aber sie besetzen auch den Platz für etwas Neues. Es gibt in der Geschichte der Skulpturen für den Außenraum eine Entwicklung, die jetzt gar nicht möglich ist in diesem Park, weil der schon zu voll ist und kein Platz mehr für etwas Neues da ist.

Diese Auseinandersetzung mit Kunst im Park hatten wir schon in der Villa Romana, mit der Aufgabe: Ich will keinen Skulpturenpark. Wir hatten dort zwei Tage Gespräche mit Kunsthistorikern, Kuratoren, Landschaftsarchitekten, Architekten und Künstlern. Und wir hatten alle die gleiche Meinung: Die Gärten der Villa Romana sollen kein Skulpturenpark werden, sondern ein Handlungsraum. Ein Ort an dem viele verschiedene Sachen möglich werden. Es freut uns, wenn dann in unseren Gärten viele Dinge passieren.

AV: Dann ist dieser offene Handlungsraum für Euch einer der wichtigsten Unterschiede zu historischen Gärten, in denen Handlungen strikter festgeschrieben sind?

DF: Ja.

MP: Wichtig in unserer Zeit ist auch, dass der Garten nicht ökonomisch besetzt ist.

DF: Dass ein Park einfach ein Ruheraum ist, dass er einfach so sein kann, ohne dass eine wirtschaftliche Aktivität darin stattfindet.


MP: Im Gegensatz zu diesen ganzen Strand-Bars an der Spree, die ich gar nicht leiden kann.

DF: Wo man immer gleich etwas konsumieren muss …
MP: …Bionade oder Coca Cola oder du musst gleich ein Bier kaufen. Du fühlst dich fast gezwungen, da mitzutrinken oder Würstchen zu essen. Ich finde es ganz schön, dass wir Orte schaffen, oder das versuchen, die unabhängig sind von diesem Konsum. Wo man eher nur den Ort genießt, oder sich etwas mitbringt.

MP: Heute sind in fast jedem Park Bars und ein Infostand. Man verliert da ein bisschen die wirkliche Öffentlichkeit und die Freiheit.

DF: Ich merke manchmal, dass ich selbst darin gefangen bin in der Vorstellung, dass da etwas sein müsste. Wenn es dann kein Café gibt, fühle ich mich erst mal verloren. Aber dann kommt die Ruhe und man fühlt sich wieder frei sich etwas selbst zu erzählen.

MP: In einem unserer Gärten in Berlin sagte uns eine Besucherin: Hier sind aber wenig Leute. Sie war ganz alleine dort. Ich habe ihr gesagt, sie könne aber gleich um die Ecke an einen anderen Ort mit ganz vielen Menschen gehen. Dann meinte sie aber: Nein, eigentlich ist es schön so.