Geht raus und nehmt euch den Raum!

Geht raus und nehmt euch den Raum!


Die von drei Frauen – inzwischen sind es fünf – aus den Bereichen Kunst und Design gegründete Kölner Frauen-Initiative „And She Was Like: BÄM!“ bereichert seit 2015 den kulturellen Gleichstellungs-Markt. Das geht nicht ohne Rückschläge und Widersprüche, findet Andreas Richartz.

Feminismus erlebt aktuell eine Renaissance in den Medien. Sowohl historisierende, als auch den Begriff und sein Handlungsfeld erweiternde Rezeptionen sprießen quer durch die Medienlandschaft. Junge AutorInnen wie Margarete Stokowski und ihr englisches Pendant Laurie Penny mischen die arg ranzig gewordene Szene auf, erweitern das starr gewordene Begriffs-Korsett und sorgen dergestalt für einen „Feminismus mit Make-Up“. Der bleibt freilich für die alten KämpInnen um die deutsche Emma-Redaktion bis heute weiterhin undenkbar.

Die Initiative „And She Was Like: BÄM!“ beschreibt sich selbst seit 2015 als zeitgenössisch feministisch, als nicht starr, als undogmatisch und ununterbrochen in Wandlung begriffen, wie die Gesellschaft, in der sie sich konstituiert. Doch was heißt das angesichts solcher Diagnosen, wie sie der deutsch-koreanische Philosoph Byung-Chul Han in seinem Buch „Müdigkeitsgesellschaft“ entwickelt? In ihm kündet er von einer (unserer zeitgenössischen westlichen) Gesellschaft, deren Mitglieder längst dazu übergangen sind, sich ihre hamsterradähnlichen Biografien freiwillig selbst aufzuoktroyieren. Die Disziplinargesellschaft liegt im Inneren des selbstausbeutenden Menschen. Han beschreibt das Sozialsystem Gesellschaft somit als alles andere denn in Wandlung. Kaum irritierbare Systeme beherrschen das erstarrte Feld, deren Erstarrteste die psychischen Systeme ihrer Teilnehmer sind.

Wie wenig radikal auf dieser Folie ein Feminismus anmutet, der es (immerhin) als notwendig erachtet, nicht nur Frauen, sondern allen Geschlechtern dienstbar sein zu wollen, konnte erleben, wer dem dritten Abend der durch das Kulturamt der Stadt Köln geförderten „BÄM! Talks“ – Gesprächsreihe im Solution Space am Dom beiwohnte: Zu Gast war keine Geringere als Ulrike Rosenbach, Beuys-Schülerin und documenta-Teilnehmerin 1977 und 1989, Mitglied der Berliner Akademie der Künste und Präsidentin der Bundes-GEDOK e.V. Sie schien geladen, die Initiative und ihre Notwendigkeit auf Flügel zu heben. Doch das ging gnadenlos schief. Warum?

Nicht allein, weil die Idee eines sich an Statistiken abarbeitenden generalisierenden Feminismus keine Unterstützung bei Rosenbach fand. Vor allem jedoch, weil das von Leonie Pfennig geführte Gespräch immer wieder in Gefolgschaftsverweigerung gipfelte. Statt eine Ausstellungs-Quote für Frauen an großen Häusern wie dem Museum Ludwig zu fordern (Verhältnis 30 % zu 70 % zu Ungunsten weiblicher KünstlerInnen), betonte Rosenbach wiederholt, dass sich die Dinge durchaus positiv entwickelt haben. Sie verwies darüber hinaus darauf, dass der direkte Konkurrent im Kampf um kulturelle Distinktion nicht immer das andere Geschlecht ist: „Man muss als Frau auch Frauen mögen. Das ist nicht immer der Fall“. Der damit ins Leere laufende Impetus des Talks führte zuletzt zu einem völlig gelähmten jungen und weiblichen Publikum, das bis auf wenige Ausnahmen in allgemeines Schweigen statt fruchtbare Diskussion verfiel. Angesichts derartiger Diskussions-Interesslosigkeit überwog zuletzt der Eindruck, dass der Markt zur gegenseitigen Unterstützung weiblicher Interessen gesättigt sein könnte.

Wenn sich also im Jahr 2017 fünf junge Frauen aus Kunst und Design in Köln aufschwingen, eine Initiative zur Stärkung nicht nur ihrer eigenen, sondern auch der Interessen anderer Frauen zu etablieren, scheint das nicht nur alles andere als etwas Besonderes. Frauen, die gemeinschaftlich in entsprechenden Netzwerken an ihren Karrieren stricken wollen, gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Wenn dies allerdings dezidiert unter der Rubrik Gleichstellung in Beruf und Gesellschaft geschieht, labelt sich die Unternehmung nicht nur nebenbei mit dem Etikett feministisch, sie sichert sich damit auch die Unterstützung durch offizielle Fördervergabestellen. Soweit so clever. Doch damit outet sich eine feministisch geprägte Veranstaltung wie BÄM! eben auch als Erbin der inneren Widersprüche feministisch-libertärer Freiheitsliebe, die das weibliche Individuum gegenüber einem als repressiv gebrandmarkten Vater Staat einerseits verteidigen wollte und dabei gleichzeitig erwartete, dass eben jener tyrannische Vater sich wie eine sorgende Mutter betrage (Stichwort Fördermittel). Die Frage darf erlaubt sein, wie progressiv oder aber altbacken ein derartiger Bittsteller-Feminismus 2017 als Leitprinzip politisch-emanzipatorischen Handelns eigentlich ist? Es bleibt spannend abzuwarten, ob „And She Was Like: BÄM!“ in Zukunft über eine mehr als marginale Rolle in der Szene geförderter weiblicher Kunst wird verfügen können. Ebenso, was der eigentliche Mehrwert der Initiative neben loser Vernetzung und Projektierung von Ausstellungen für KünstlerInnen sein kann.

Artikelbild: And She Was Like: BÄM! Talk mit Ulrike Rosenbach, © Nadine Schwickart


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