Bastelbogen Zukunft

Bastelbogen Zukunft


»Die Zeichnungen der Alchimia« Italienisches Kulturinstitut, Köln, bis 4. Februar 2011

Es stand an, die klaren Formen, spitzen Winkel, das Stapeln geometrischer Elemente und die deutlichen Farben. Irgendwann in den 70ern, inmitten einer  Renaissance des Art Deco war es Zeit für seine „Futurisierung“. Ob im britischen Hipgnosis Design, in den Arbeiten Marc Camille Chaimowicz, David Singers Postergrafik oder im Interieur einiger der interessantesten Discos, überall reüssierten Stilmerkmale der 20er und 30er und warteten auf ihre Transformation in eine neue Ästhetik des Gebrauchs oder Nicht-Gebrauchs.

Denn was die italienische Gruppe „Alchimia“ erdachte und kreierte, überschritt die Grenzen der Anwendbarkeit drastisch. Alltagsgegenstände wurden zu abstrakten Dingen transformiert, ob mittels ungewohnter farblicher Gestaltung, dominanter Muster oder völliger Neuordnung der Form und deren Auflösung in so grundlegende, wie exzentrische grafische Strukturen.

 

Ein guter Teil dieser Arbeit materialisierte sich allein als Bild. „Designer Dichter“ nennt Allessandro Mendini in jener oftmals so forschen, selbstbewussten Sprache der Designer jene Bildwerker und hat damit sicher nicht unrecht. Unter dem Namen Alchimia produzierten ab 1976 die Architekten Alessandro und Adriana Guerriro ihre Ideen auf Papier. Bald kamen Leute wie Mendini oder Ettore Sottsass dazu.

Da es von vorneherein um die Entfernung der Idee des Funktionalistischen ging, griff das Design die Kunst auf ihrem eigenen Terrain an, als Antwort auf die Minimal Art entstand eine zwar strenge, jedoch keinesfalls ernste Verspieltheit. Jeder Donald Judd Kasten wäre im Haushalt praktischer einsetzbar, als die Ideen der Mailänder Gruppe. „Süße Aggressivität“ nennt Mendini diesen farbigen Stil in dem auch als infantil denunzierte Arbeitsweisen, wie etwa die Spritzsiebtechnik, zu neuen Ehren kamen.

Einige dieser Werke sind nun im Italienischen Kulturinstitut zu sehen. Es erfreuen dort all die Details, welche das Handwerk erkennen lassen. Daß eine völlig exaltierte Ästhetik hier mit Stift, Pinsel, Schere und Klebstoff erschaffen wurde, macht sie heute sicher doppelt interessant für junge Künstler. Wer nach Ideen sucht, und eher in Frankfurt als in Düsseldorf studiert, könnte hier reichhaltige Inspiration finden. Aber auch jeder andere mag erstaunt auf diesen Gestaltungsdrang blicken und erkennen, daß der Computer solche Werke heute kaum mehr möglich macht, jene Poesie des Unfertigen, der kühnen Idee als Ausdruck des entschiedenen Willens, die unmittelbare Welt zu gestalten.

 

Es war klar, daß hier eine Grenze infrage gestellt wurde, wie nicht mehr seit „Arts & Crafts“ oder den Werkbünden. Diese Tatsache führte 1980 zur Gründung der NABA – Nuova Accademia di Belle Arti Milano, welche bis heute besteht. Sottsass verließ 1981 die Alchimia und machte mit „Memphis“ eine noch größere Karriere. Daß die Welt des Designs danach nicht mehr so war, wie vorher, kann man jedoch nicht behaupten, zu akzentuiert war die Ästhetik und zu sehr Malerei oder Skulptur ihre Realisation. Wie viele Ideen der 80er verschwand vieles um erst in den letzten Jahren wiederentdeckt zu werden. Heute erinnern diese Arbeiten fast mehr an moderne Träume, als an die aktuelle Postmoderne-Welt, welche sie doch mit erschaffen wollten.


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